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Nächtebuch 22.12.08 Eigenwerk
von Hunting aus der Kategorie Freier Text - Persönliches - Tagebücher

Nächtebuch
Was mir vor dem Einschlafen durch den Kopf geht, Geniestreiche, Banales, Gedankensplitter und Aphorismen, Träume und Beobachtungen.
Erstellt:    22.12.2008 03:13
Geändert: 04.02.2009 22:53
1305 Lesungen, 3.3KB

Einen Herzpunkt bekomme ich also für einen meiner Nächtebuch-Einträge. Nett gemeint. Dabei hatte sich schon in der Überschrift ein peinlicher Fehler eingeschlichen, aus dem Dezember wurde ein November. Im Text dann selbst noch einmal über ein halbes Dutzend Tippfehler. Ich bin Perfektionist, schon von Berufs wegen, mich ärgert das. Und auch inhaltlich war das sicher nicht einer meiner besten Texte. Etwas disparat, der Übergang zwischen der persönlichen Tagesrückschau und den Reflexionen zur Historie zu abrupt, der Stil eine Spur zu "schriftlich", das hätte etwas mehr persönliche Note, etwas weniger Steifheit vertragen können. Sowas gehört korrekturgelesen und wenn ich das als Übersetzung meinem Auftraggeber vorgelegt hätte, hätte der mir das Ding um die Ohren gehauen und mit Recht auf 10 % Kürzung meines Honorars bestanden. Das geht, ohne größere Anstrengung, deutlich besser und die nächtliche Stunde ist da auch nur eine schwache Ausrede.
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­Aber mit den Maßstäben ist das so eine Sache. Ich beteilige mich gerade an einem Sammelband autobiographischer Texte von Schneckenmenschen. Mir liegt da auch an der Vielfalt der Stile, der Perspektiven, der Lebensgeschichten. Und dann schreibt mir einer der Co-Autoren, dass ihm mein Beitrag vor Bewunderung fast die Sprache verschlage und dass er sich kaum traue, seinen eigenen Text danebenzustellen; der Vergleich würde doch arg zu Lasten seines Beitrags ausfallen.
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Was soll ich dazu sagen? Bin ich da in der falschen Gesellschaft? Es erinnert mich auch an die Diskussion um einheitliches vs. gegliedertes Schulsystem. Die Befürchtung der Eltern Hochbegabter, ihr Kind würde durch das Niveau der anderen "hinuntergezogen". Das Gegenargument der Verantwortung auch der intelligenteren Schüler gegenüber der sozialen Gemeinschaft. Es ist ja an beidem was dran. Ich möchte ja auch nicht zwangsweise zum Nachhilfegeben für Lernschwache verdonnert werden, wenn ich in der Zeit mein eigenes intellektuelles Potenzial verbessern könnte. Und mein Maßstab bleibt die Perfektion, nicht das Mittelmaß. Trotzdem sehe ich mich nicht als Mitglied der Elite. Es hat immer so etwas von Dünkel und Hybris. Dabei ist auch der genialste Mensch fehlbar und gerade bei Genies ist die Selbsterkenntnis häufig, dass sie in der eigenen Begabung, die von ihrem Umfeld so himmelhoch gelobt wird, eher nur Stückwerk und Stümperei sehen angesichts der ungeheuren Dimensionen des eigenen Nichtwissens. Denn frei nach Sokrates gilt immer noch: Den Dummen erkennt man schnell daran, dass er über alles ganz genau Bescheid weiß, den Klugen am Selbstzweifel.
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Trotzdem sollte ich wohl dankbar für das Lob sein. Man will ja niemanden vor den Kopf stoßen. Aber einen Unterschied macht es doch, ob ich von jemandem Anerkennung bekomme, dem ein Haufen handwerklicher Fehler in meiner Arbeit offenbar nichts weiter ausmachen, oder ob ich Anerkennung von jemandem bekomme, der deutlich intelligenter ist als ich, der jeden Text, jeden Gedanken von mir einer besonders kritischen Revision unterzieht und der dann 99 von 100 Arbeiten den verdienten Verriss zukommen lässt; dafür zählt dann das Urteil über diese eine Arbeit, die der Prüfung standhält, umso mehr. Dieses Vorgehen ist letztlich die einzige Möglichkeit für mich, dazu zu lernen, nicht stehen zu bleiben.

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