Über IRCLOVE Persönlichkeiten Copyright-Informationen anzeigen Bibliothek des Autors anzeigen Nachricht an Autor schreiben


Die Vertrauensfrage ... Eigenwerk
von vielleicht aus der Kategorie Freier Text - Aktuelles

Plaudereien ...
... weil, kennelernen tut´s sich am Besten im Gespräch
Erstellt:    17.10.2008 17:53 1497 Lesungen, 7.3KB

Die Vertrauensfrage …

 

… oder wie eine Berlinerin die Finanzkrise erlebte …

 

… nun liebe ich es, an regnerischen Herbstnachmittagen auf meinem Sofa zu lümmeln und Radio zu hören; das Programm der letzten Zeit war hinsichtlich des Entspannungswertes nicht unbedingt förderlich … aber ein Entkommen gab es auch nicht; beschäftigte unsere Nation, ja die ganze Welt! nur ein Thema: die Finanzkrise … egal, ob Sport, Kunst oder Kultur, die Wirtschaft und Politik sowieso … alle vermittelten für sich den wirtschaftlichen SuperGau … das Ende der Weltordnung, an die wir uns, so ungerecht sie auch sein mag, doch so schön gewöhnt haben … nichts wird bleiben wie es war!

Die ersten Tage herrschte atemlose Stille auf meinem Sofa … und nicht nur dort; weltweit waren nur die PolitikerInnen der Länder zu hören, allen voran, Frau Merkel, die in munterem, gekonnt optimistischem Tonfall Rettungspakete als vertrauensbildende Maßnahme versprach. Dennoch riss mich ihre Stimme, die, ungeachtet der Inhalte, tatsächlich eine mütterlich-autoritäre und somit beruhigende Klangfarbe für mich hat, nicht aus meiner Erstarrung. Das wirklich besondere und unheimliche der Situation war die Stille … eine Stille, in der die Welt alleine den PolitikerInnen überlassen war … weltweit … keine Dementi, keine Banker, keine Wirtschaftsbosse … nichts … außer die Beschwörungen der Politik, nicht in Panik zu verfallen.

… und, aber dies trug schon wieder zu meiner Entspannung bei… ein Wort, das längst schon aus dem politischem Vokabular verschwunden war … die "Verstaatlichung" … tauchte, sehr zu meiner Erheiterung ( … sollte tatsächlich der gute alte Marx die wirtschaftlichen Wandel erfolgreich „ausgesessen“ haben? … ) wieder auf. Auch dies, unkommentiert von denen, die verstaatlicht werden sollten …

… diese Stille also zeigte mir deutlich, die Lage war ernst … und auch wenn ich weder Aktien noch andere Reichtümer besitze, die an Wert verlieren könnten, war mir die wirtschaftliche Dimension der Bankenkrise schnell bewusst. Wer kann sich dann noch psychosoziale Dienstleistungen, mit denen ich meine Brötchen verdiene, leisten??? … und sofort bereute ich, meinen Schrebergarten vor Jahren schon aufgegeben zu haben, erinnerte ich mich doch ( in den 70er Jahren? ) des erfolgreichen Kampfes gegen Hunger und Armut (auf einem fernen Kontinent), dort wurde nämlich den Frauen staatliches Land zur Bebauung überlassen … ich nahm mir sofort vor, der Frauen- oder Schrebergartenbeauftragten unseres Bezirkes eine entsprechende Anregung  zu hinterlassen und das seit Jahren geplante Niederwalzen unserer Schrebergärten (… um wertvolles Bauland zu gewinnen) zu stoppen; denn ohne Kredite und Finanzen baut es sich bekanntlich schlecht … aber Kartoffeln und Mohrrüben ließen sich auf märkischem Sand sicherlich noch mit einigem Erfolg anbauen …

Möglicherweise ist aber in unseren Landen die Gartenbebauung auch keine Genderfrage mehr; dies müsste noch geprüft werden. Ich erinnere mich nämlich an meine Faszination, als ich vor 20 Jahren von Bayern nach Berlin emigrierte, und bei meinen Stadterkundungen bemerkte, daß hier nicht die Frauen, sondern überwiegend Männer die Gärten bestellten. Dies erschien mir so bemerkenswert, daß es in einem Brief an eine Freundin ausführlich dokumentiert wurde …

apropos Bayern … die Bayern waren in der ersten Zeit der Finanzkrise eine rühmliche Ausnahme und belebten die atemlose Stille der Finanzkrise … ungeachtet der zusammenbrechenden Finanz- und Wirtschaftsmärkte versprachen sie eine Lockerung des Nichtraucherschutzes und stritten um die Erbschaftssteuer. Nun mögen die Bayern noch unter dem Schock der jüngsten Wahlergebnisse stehen … und demokratisches miteinander Parlieren und miteinander Regieren muß nun erst mal gelernt und geübt werden (… ich kenne da übrigens ein paar gute Kommunikationstrainer J … ) aber die schützenswerte Spezies der Nichtraucher der Willkür des Rauchers zu überlassen ist ein bemerkenswerter Schritt, schon aus sprachlicher Sicht. Ohne jetzt mal die gesundheitlichen Risiken oder persönlichen Freiräume diskutieren zu wollen … aber den schützenswerten Regenwald überlässt auch niemand durch eine Lockerung des Naturschutzes den gefräßigen Baggern, da braucht es andere Argumente …

Aber na ja … seit einigen Tagen ist ohnehin wieder die Normalität eingekehrt auf meinem Sofa … schon tönen die VertreterInnen der unterschiedlichen Ressorts über mein Sofa hinweg … das übliche „wer soll das finanzieren?“ ( na wer schon? … ) oder das gewohnte  „ … aber nicht auf meine Kosten“ ( … auf wessen Kosten denn letztendlich dann, wenn nicht auf unseren?... ) anbringen … an die Schulden gegenüber ärmeren Ländern gemahnen und ihr Erstaunen über den plötzlichen und schnellen Reichtum des Landes zum Ausdruck bringen, in dem es unmöglich ist, den Ärmeren des Landes zumindest einen Inflationsausgleich zukommen zu lassen … oder aber die Geschwindigkeit, in der hierzulande Gesetze verabschiedet werden können, bewundern …

all dies, die Geschwindigkeit und nahezu fehlenden Debatten, in der Tat, bemerkenswert.

… nur die Banker und Wirtschaftsbosse vermisse ich immer noch auf meinem Sofa … die schweigen nämlich hartnäckig. Doch hört sich das Schweigen nun, mit steigenden Dax- und sonstigen Kursen, nicht mehr sonderlich bedrohlich an … eher nach dem Motto „ … lass die mal machen … wir werden sehen“. Denn die Finanzbosse brauchen oder Wollen die Rettung gar nicht; das Rettungspaket geht per Nachnahme zurück an den Absender … denn der Preis dafür wäre summa summarum viel zu hoch.

Aber letztendlich hat Frau Merkel erreicht, was zu erreichen war … mein Vertrauen ist wieder hergestellt! … mein Vertrauen, daß alles bleibt, wie es war … und ich schalte beruhigt vom Nachrichtensender hinüber auf heitere Jazzmusik.


Dieses Medium ist zur Bewertung freigegeben. Die durchschnittliche Bewertung: 7.7500 (4).
Registrieren Sie sich und bewerten Sie diesen Inhalt!
Anmelden, eigene Werke veröffentlichen und Teil der Autorengemeinschaft werden - 100% kostenfrei (Infos)
Username: Passwort: EMail:




Neuen Kommentar oder Ergänzung schreiben
Überschrift Kommentar Ergänzung

Ich habe die Richtlinen zum Schreiben von Kommentaren, gelesen und verstanden. Ich habe sie bei meinem/r Kommentar/Ergänzung beachtet.


Rechtliche Hinweise: Der/die Autor/in hat mit dem Einstellen dieses Inhaltes IRCLOVE von jeder Art von Einwendungen und Einsprüchen seitens Dritter freigestellt. Sollte hier Ihrer Meinung nach das gültige deutsche Recht in irgendeiner Weise verletzt werden, wenden Sie sich bitte vorrangig an den Verfasser. Informieren Sie uns bitte gleichzeitig per Mail an service@irclove.de.
Verarbeitungszeit: 0.0457 sek.