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Der Landsitz Eigenwerk
von kasselklaus aus der Kategorie Geschichte - Unterhaltung

Kurzgeschichten aus 30 Jahren
Keine Ordnerbeschreibung vorhanden.
Erstellt:    12.10.2008 09:47 1578 Lesungen, 6.2KB

Das schmiedeeiserne Tor ließ sich ohne weiteres öffnen. Miriam, die zuvor interessiert die vielen Verzierungen des Tores betrachtet hatte, überlegte, ob sie nun durch das Tor treten sollte. So weit war sie noch nie allein von zuhause weg gewesen und dieses Tor mit den dahinter wild wuchernden Pflanzen, Sträuchern und Bäumen hatte sie auch noch nie gesehen.

Aber sie war jung und neugierig.

So trat sie durch das Tor und gelangte auf einen schmalen, gepflasterten Pfad. Ganz geheuer war Miriam das alles nicht, aufgeregt kaute sie auf ihrem Kaugummi herum. Sie ging einige Meter, dabei schaute sie aufmerksam nach links und rechts. Aber da war nur Natur - dabei befand sie sich nun auf einem von hohen, verwitterten Mauern umgebenen Grundstück. Etwas ängstlich drehte sie sich um: Das Tor war noch zu sehen und es hatte sich nicht von allein geschlossen. Die Sonne schien auf den schmalen Weg. "Eigentlich ist das nicht unheimlich", murmelte Miriam, kam sich sehr mutig vor und ging vorsichtig weiter.

Schließlich machte der Weg eine Biegung. Sie überlegte kurz, ob sie weitergehen sollte. Aber sie hatte noch eine Stunde Zeit bis zum Mittagessen. Hinter der Wegbiegung ging es zunächst geradeaus weiter. Doch Miriam sah schon das Ende des Weges und erkannte dahinter Teile eines Hauses. Schließlich stand sie am Rande einer ungepflegten Rasenfläche, die das Haus umgab. Es war klein und sah schon etwas baufällig aus. Der Putz war an einigen Stellen abgefallen, die weiße Farbe der Holzfenster an vielen Stellen abgeblättert. Miriam ging näher heran und sah jetzt auch eine Tür. Außerdem bemerkte sie, daß es auch eine Straße gab, die zu dem Haus führte. Also war sie durch einen Nebeneingang hereingekommen.

Schließlich hatte sie die Haustür erreicht. Darüber war eine Holztafel angebracht, auf der mit goldener Farbe eine Krone aufgemalt war. Neben der Tür war eine Klingel, darüber ein kleines Holzschild, auf dem mit verschnörkelter Schrift, die sie kaum entziffern konnte, ein Name stand. Plötzlich öffnete sich die Tür. Miriam war starr vor Schreck. Sie sah sich einem alten Mann gegenüber, mit schulterlangem, weißem Haar, der sie einige Sekunden lang erstaunt ansah und dann freundlich "Guten Tag, mein Kind" sagte.

"Guten Tag", sagte Miriam erleichtert., weil sie befürchtet hatte, ausgeschimpft zu werden.

"Sicher möchtest Du meinen Landsitz kennenlernen", sagte der alte Herr.

"Landsitz?" Miriam kannte das Wort nicht. Der alte Mann schmunzelte. "Hier wohne ich immer dann, wenn ich nicht in der Stadt bin, ich mache hier sozusagen Urlaub."

"Aha!" Miriam verstand zwar immer noch nicht so ganz, aber sie fand das alles jedenfalls sehr interessant.

Der alte Mann wies auf das Innere des Hauses. Miriam erinnerte sich daran, daß ihre Mutter ihre mehrfach gesagt hatte, sie solle nicht mit fremden Männern mitgehen, aber hier ging sie ja nicht mit, sondern sie war schon da. Das war also ein ganz anderer Fall! Daher beschloß sie, der Einladung zu folgen.

Der alte Mann zeigte ihr zunächst die Küche.

"Die Köchinnen haben heute ihren freien Tag!" erklärte er ihr.

"Sie haben Köchinnen?" fragte Miriam erstaunt. So sah der Mann eigentlich nicht aus.

"Natürlich!" sagte er. "Außerdem habe ich noch zwei Diener, eine Hauswirtschafterin, zwei Leibwächter und zwei Gärtner. Leider haben sie alle heute ihren freien Tag."

Miriam war beeindruckt.

"Dann müssen sie ja sehr reich sein!"

Der alte Mann nickte.

Miriam überlegte, ob sie ihn heiraten sollte. Schließlich sagte ihre ältere Schwester immer, daß sie einen Millionär heiraten wollte.

"Sind sie Millionär?"

Der alte Mann nickte wieder und lächelte.

Miriam beschloß, die Frage einer späteren Heirat zunächst offenzulassen.

Der alte Mann führte sie in sein Arbeitszimmer.

"Hier führe ich meine Amtsgeschäfte", erklärte er und deutete auf einen Schreibtisch, auf dem Berge von Akten lagen. Auf den meisten stand in großen, roten Buchstaben "Geheim!" oder gar "Streng geheim!"

Miriam wurde klar, daß sie es mit einem sehr wichtigen Mann zu tun hatte.

"Sie müssen in ihrem Alter noch arbeiten, obwohl sie so reich sind?"

Der alte Herr nickte.

"Natürlich", sagte er, "ich mache das ja nicht, um Geld zu verdienen."

Miriam verstand nicht, daß man arbeitete, um nicht Geld zu verdienen.

Plötzlich waren Motorgeräusche zu hören. Der alte Mann sah auf seine Armbanduhr.

"Das Mittagessen", murmelte er.

Es klingelte. Gemeinsam gingen sie zur Tür. Davor stand ein junger Mann, der eine Warmhaltepackung in der Hand hielt.

"Guten Tag", sagte er, "heute gibt`s Schnitzel."

Erst jetzt sah er Miriam.

"Haben sie einen ihrer jungen Untertanen zu Besuch?" fragte er dann grinsend.

"Ja", sagte der alte Mann nur, nahm schnell das Essen und schloß verärgert die Haustür.

"So, du mußt jetzt leider gehen", befahl er Miriam, "ich muß jetzt essen. Aber du kannst gerne wiederkommen."

Miriam kam das alles etwas unheimlich vor. Daher verabschiedete sie sich schnell und verließ das Haus.

Das Auto des Zivildienstleistenden stand noch vor dem Haus. Er öffnete die Wagentür.

"Na Kleine, willst Du mitfahren?" fragte er.

Miriam nickte und stieg ein.

"Was ist denn das für ein Mann?" fragte sie ihn, kaum daß sie im Auto saß. Der junge Mann erklärte es ihr, aber dabei schien er sie nicht ernst zu nehmen. Jedenfalls grinste er dauernd, und sie verstand nicht warum. Deswegen war er ihr nicht sympathisch.

Schließlich ließ der Zivildienstleistende sie im Ort aus dem Auto heraus.

Miriam lief schnell nach Hause. Sie mußte unbedingt ihrer Mutter etwas erzählen. Aber die würde ihr bestimmt nicht glauben, daß sie den König von Deutschland getroffen hatte, und daß der sehr nett ist.

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