#01 Tagebuch eines verrückten Campingurlaubs von Chris-Leif aus der Kategorie Geschichte - Erfahrungen - Persönliches |
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Von Dreien die auszogen das hausen zu lernen. In einer mehr oder weniger impulsiven Reaktion auf das nicht zu Stande kommen eines anderen Urlaubs entschieden sich 3 mutige Recken für das Abenteuer Wildnis in MV. Ziel war es, möglichst fernab der Zivilisation und so natürlich wie möglich, eine unbestimmte Anzahl von Tagen im Freien zu verbringen. Per Google Earth entschieden wir uns primär für den Fürstenseer See südöstlich von Neustrelitz wo wir auf einer Halbinsel inmitten des Sees unser Lager aufschlagen wollten. ( 53°18'20.47"N 13°10'1.90"E) Als wir jedoch am Mittwoch im Auto saßen und einen Blick auf die Straßenkarte riskierten, wurde uns offenbart, dass man den Fürstenseer See in den Müritz Nationalpark eingegliedert hatte und so campieren vollkommen illegal wäre;) Nichts desto trotz machten wir uns ersteinmal auf den Weg nach Berlin um uns dort mit den letzten noch nötigen Utensilien bei Globetrotter auszustatten. Gesagt getan. Der A19 sei Dank erreichte der voll beladene Polo mit uns Dreien schließlich Berlin und auch Globetrotter wo wir uns dann fast 2 volle Stunden aufhielten und am Ende mit Keksen, 2 kleinen Dreibeinen und vor allen Dingen drei 70 Liter fassenden Rucksäcken rausstolzierten. (N 52° 27' 22.26'' O 13° 19' 12.98) Nach diesem Einkaufsvergnügen benötigten wir erstmal eine Stärkung, welche wir, und wie könnte es in Berlin auch anders sein, in Form eines Döners zu uns nahmen. Danach ging es ab Richtung Berlin-Mitte, wo sich unsere Unterkunft für den Tag befinden sollte. 52°31'27.50"N 13°24'28.97"E Die Wohnung war schnell gefunden und die Rucksäcke auch zügig nach oben gebracht. Ich rief den Marco an und hoffte, dass er an sein Handy gehen würde. Er tat es und wir verabredeten ein Treffen bei ihm, da ich ohnehin sehen wollte wie er in Wedding wohnt. Mehrere merkwürdige Fahrmanöver und etliches Gelächter später erreichten wir dann die Biesentaler Straße und traten in ein dunkles Zimmer ein in dem ein bärtiger Alter saß. Naja so alt nun auch wieder nicht, aber immerhin 3 Tage älter als ich. Wir beschlossen irgendwohin zu fahren um etwas zu sehen, etwas zu trinken und etwas zu essen. Marco erinnerte sich noch an ein Lokal in der Friedrichstraße oder Oranienburger Straße, genau wusste er es nicht mehr, denn schließlich kam er nicht so oft raus, und wir beschlossen dorthin zu fahren, nachdem wir das Auto in Prenzlauer Berg abgestellt hatten. Warum in Prenzlauer Berg parken? Ganz einfach: dort ist es kostenlos. In weiten Teilen der Innenstadt hätte man ein teures Parkticket lösen oder mit einem Strafzettel rechnen müssen und mit dem ÖPV war die Dänenstraße (52°32'59.28"N 13°24'16.27"E) auch sehr gut zu erreichen. Nach einer längeren Wanderung quer durch die City, wobei wir an der Museumsinsel entlang marschierten, gelangten wir in die Friedrichstraße in der noch jede Menge Trubel herrschte. Nebenbei bemerkt gibt es hier teures, aber sehr schmackhaftes australisches Eis ( 52°31'11.36"N 13°23'18.95"E). Ein wenig gestärkt machten wir uns wieder auf den Weg vermeintlich Richtung der angepeilten Lokalität. Auf der Höhe des Friedrichstadtpalastes überkam uns jedoch der Hunger und wir beschlossen bei einem indischen Restaurant einzukehren, dass Büffet für 4,90€ pro Person anbot. Das offensichtlich gute Preis/Leistungsverhältnis und die Aussicht soviel wie möglich essen zu können hatten uns schlichtweg überzeugt. Das Essen war wie immer scharf und schmeckte gänzlich nach Inder. Sicherlich war es kein kulinarischer Hochgenuss, aber für 4,90€ habe ich persönlich mehr als nur einen vollen Magen mit nach Hause genommen. Schon während des Essens waren uns die jungen Frauen in knapper Kleidung und Corsagen aufgefallen, die auffällig dicht an der Straße standen. Auf dem Weg zurück Richtung Zentrum trafen wir sie die gesamte Oranienburger Straße hinunter an und einige schienen gerade erst 18 geworden zu sein, traurig, aber wahr. Nachts sah der von der Basis illuminierte Fernsehturm einfach gigantisch aus. Das von der Fußballweltmeisterschaft übriggebliebene Fußballmuster befand sich ulkigerweise nur noch auf der Unterseite der Kugel, was der Schönheit des Bauwerkes jedoch keinen Abbruch tat. Einige Fotos später verabschiedeten wir uns von Marco und zogen weiter Richtung Münzstraße 11c um unser, für die nächsten Tage, letztes richtiges Nachtquartier zu beziehen und noch eine Mütze Schlaf zu bekommen. Abends bekamen wir noch die Gelegenheiten die Selbstdemütigung des Harald Schmidt in seiner Abendsendung auf ARD zu betrachten. Er mimte einen Hund und fand einfach nicht den Punkt, an welchem sein Sketch aufhörte witzig zu sein und so quälte er sein Publikum, sich selbst und auch uns ewig währende Minuten lang. Nichts desto trotz schliefen wir gut und erwachten erholt am nächsten Morgen, welcher dem Straßenlärm zu urteilen in Berlin schon recht früh beginnt. Martin und ich räumten die Betten aka Schlafsäcke zusammen, während Chris Brötchen, Belag und für sich eine leckere Tüte Vollmilch besorgte. Tatsächlich sollte im Radio auf „Fritz“ der Titel laufen der den gesamten Urlaub geprägt hat: Deichkind – Remmi Demmi. Nach dem Frühstück vollzogen wir erneut sinnvolle Arbeitsteilung, so wie wir es als Multithreading im Studium gelernt hatten. Chris war unterwegs in die Dänenstraße um das Auto zu holen und Martin sowie meine Wenigkeit machten uns daran aufzuräumen und die Rucksäcke wanderfertig zu packen. Gegen Mittag verließen wir fahrend die Stadt auf der Bundesstraße 96. Nach zwei kurzen Einkaufsstopps und dem Verladen einer Menge von Konserven, die ausgereicht hätte ein ganzes Bataillon zu versorgen, waren wir endlich unterwegs in Richtung des Sees, den wir uns als „Ersatzsee“ ausgesucht hatten. Dort angekommen wurden wir bei der Durchfahrt von Retzow ( 53°13'49.19"N 13°15'40.64"E) durch einige Dorfeinwohner gemustert und es kam uns vor wie in einem schlechten Film, dass einige in den typischen blauen Latzhosen über eine Schaufel gelehnt auf der Dorfstraße standen. Aber irgendwoher müssen die Klischees ja stammen. Nichts desto trotz drehten wir unsere Runde und mussten feststellen, dass wir in Retzow kein Glück bei der Suche nach einem geeigneten Platz für das Zelt haben würden. Also ging es weiter nach Sähle. Auf der Fahrt dorthin durchfuhren wir ein Waldstück in dem mehrere Wege von der Straße ab in den Wald hinein führten. Wir beschlossen zu parken und eine kleine Tour Richtung See zu machen um dort nach einem Stellplatz zu suchen. Nach einer guten Weile erreichten wir den See und befanden uns auf einem, den See umlaufenden Pfad, welchem wir folgten. Zu unserem Glück entdeckten wir wenig später eine Badestelle mit wunderbarem, hellem Seestrand. Eine Mülltonne befand sich ebenfalls dort, weswegen wir beschlossen vom See aus, senkrecht zum Pfad, den Hügel hinauf in den Wald zu gehen um nachzusehen, ob sich nicht eine Gelegenheit böte unser Zelt aufzustellen. Gesagt, getan und siehe da, es gab sie, die Stellfläche für die nächste Zeit. Also zurück zum Auto. Auf dem Rückweg fanden wir allerhand Merkwürdiges im Wald und mit Merkwürdiges meine ich Totes ;) Teile einer Wirbelsäule und ein großes Stück Unterkiefer samt sauberen Zähnen lagen entlang des Weges verstreut. Zurück am Auto begannen wir damit unsere Rucksäcke sinnvoll zu beladen und möglichst alles in einem Rutsch mit in den Wald zu nehmen. Einzig das Boot und die Paddel mussten wir zurücklassen, der Rest wurde komplett von drei kleinen Studenten getragen. Darunter waren das 5-Personenzelt, ein 20l Wasserkanister (randvoll), 4 Einmannpackungen, mindestens 12 Konservendosen, eine Axt, Geschirr, ein Gaskocher, ein Topf, eine Pfanne, Tütensuppen, Anziehsachen und natürlich Toilettenpapier. Es müssen ca. 30 kg pro Rucksack gewesen sein, die uns davon abhalten wollten, zurück zum See zu gelangen, aber mit vereinten Kräften (der Kanister war ein Fluch) gelang es uns ziemlich durchgeschwitzt an der Badestelle anzugelangen. Obwohl wir die Route schon optimiert hatten, indem wir querfeldein gegangen waren, war die Erleichterung groß endlich angekommen zu sein. Es begann der immer gleiche Prozess des Zeltaufbaus und des Auspackens der Rucksäcke. Damit fertig war es dann auch schon so spät, dass die Zeit eine Mahlzeit rechtfertigte. Christoph hatte noch etwas Grillfleisch und Kartoffelsalat bei sich, welches wir folglich als erstes verzehren mussten. Schnell über dem Gasbrenner erhitzt schmeckte es vorzüglich. Nach dem Essen wollten wir die Gelegenheit nicht verstreichen lassen in dem wenigen Tageslicht, das uns noch geblieben war, am See zu angeln. Zu unser aller Erstaunen konnten wir einfach mit etwas Mischbrot, einem Blei und einem Haken eine kleine Rotfeder fangen, wobei die Ehre eigentlich Chris gebührt. Nachdem wir die Kleine wieder in die Freiheit entlassen hatten und meine Finger nach Fisch stanken, beschlossen wir uns schlafen zu legen. Die erste Nacht im Wald war ungewöhnlich und nachdem man sich bewusst gemacht hatte, dass sich zwischen Wald und einem selbst in seinem Schlafsack nur zwei dünne Planen befanden, war das ganze noch aufregender. Aufgestanden wurde nach einer ruhigen Nacht so gegen 10 Uhr morgens. Der Himmel zeigte sich grau und bedeckt. Erstmal frühstücken. Nachdem wir uns von Brot und Brotbelag gestärkt fühlten, zogen wir in Richtung Retzow los. Wir wanderten den Pfad am See entlang, der stellenweise eher als Trampelpfad als ein Weg zu bezeichnen war. Auf dem Weg passierten wir zahlreiche Stege, die immer ausdrücklich als Privatstege gekennzeichnet waren. Es schien, als wollten die Anwohner um jeden Preis verhindern, dass ein Fremder ihren Steg durch seine bloße Anwesenheit beschmutzen könnte, aber vielleicht wurden die Schilder auch durch versicherungstechnische Umstände motiviert. Wir werden es wohl nie erfahren ;) Die Häuser in der Umgebung mussten offensichtlich und bis auf wenige Ausnahmen als Ferienobjekte herhalten, sahen aber aus, als befänden wir uns noch lange vor der Wende. Ein Tor zur Vergangenheit kann also in Retzow gefunden werden. Wir wanderten weiter den Seepfad entlang und stießen schließlich auf eine öffentliche Badestelle ( 53°14'12.48"N 13°14'37.80"E) und die Straße, die wir auf der Suche nach eine Stellplatz entlanggefahren waren. Zu unser aller Überraschung befand sich nebst einer waldtypischen, aus Stämmen und Dachpappe gefertigten Sitzgruppe eine mobile Toilettenkabine, üblicherweise als Dixi(-Klo) bezeichnet. Zu unserer Erleichterung konnten wir uns also halbwegs hygienisch erleichtern. Nun denn, auf dem Rückweg beschlossen wir, dass wo etwas herauskommt auch wieder etwas hinein muss, ergo Mittag. Wir aßen Hühnchenbrüste in Thai-Curry Sauce liebevoll durch Chris in einer Pfanne zubereitet. Geschmeckt hat es köstlich und so vorzüglich gestärkt begaben wir uns auf den Weg zum Auto. Der Plan: Das Boot holen! Wir fanden das Auto völlig unversehrt, ich warf mir das Boot über und die anderen beiden, trugen Paddel und noch einige Konserven. Zurück am See begannen wir zu allererst damit, das Boot mit einer kleinen „Schildkrötenpumpe“ auf zu pumpen. Es zeigten sich keine Löcher und nach einer guten halben Stunde stand das Boot glatt und prall gefüllt vor dem See. Als erstes drehte Christoph ein paar Runden auf dem Wasser und mit drehen meine ich wirklich drehen, denn er drehte sich mehr im Kreis als geradeaus zu fahren. Im flachen Wasser testeten wir, ob dass Boot uns auch alle drei tragen konnte. Obwohl wir die Tragkraft von 180kg um rund 40kg überschritten, schwamm die „Riesenblase“ unter uns problemlos. Also raus auf den See, vorne Chris, hinten ich und in der faulen Mitte meine Wenigkeit. Manövrieren stellte sich als nicht so einfach wie erhofft heraus, aber nach ein wenig Training gelang es uns auch zügig das südliche Ende des Sees zu erreichen. Wir lachten viel, doch plötzlich, in einem Augenblick der Stille, bat Martin uns doch einmal ruhig zu sein. Es blubberte verdächtig und ja, wir hatten ein Leck. Luft trat hinten rechts aus der großen Seitenwulst aus. Trotzdem seelenruhig machten wir uns auf den Weg zurück zu unseren „Hafen“ und landeten an. Es stellte sich heraus, dass wir nicht eines sondern gleich 2 Löcher im Seitenteil flicken mussten, aber nichts kann einen erschüttern, wenn man eine Rolle Ducktape sein Eigen nennen kann. Also fix die Klebefläche gereinigt, zugeklebt und alles war wieder gut. Nach dem Abendbrot, wollten wir ein Lagerfeuer anzünden, aber wegen des die vorigen Wochen ausdauernden Regens, war das Holz einfach zu feucht und brannte nicht richtig. Versuch macht Klug. Also, Zähneputzen und ab ins Bett. Bevor wir jedoch eingeschlafen waren, hörten wir des nächtens einen lauten Knall. Es klang wie ein Schuss aus einer großkalibrigen Waffe und wir zerbrachen uns den Kopf über das woher, warum und was genau. Irgendwann schlief auch ich ein. Am nächsten Morgen standen wir wie gewohnt gegen 10 Uhr auf und ich nahm mein morgendliches Bad im kühlen, aber glasklaren See. Erfrischt aßen wir und der Tag versprach sehr sonnig zu werden, denn es war wolkenlos, bereits relativ warm und die Sonne schien. Wir beschlossen erneut eine Ausfahrt mit dem Boot zu unternehmen. Nachdem wir das andere Ufer erreicht hatten, nahmen wir die mecklenburg-vorpommerische Küste des Sees in Augenschein. Es zeigte sich, dass direkt gegenüber unserer Badestelle eine weitere mit Weg angelegt war. Wieder zurück im Boot und unterwegs Richtung Norden hörten wir Stimmen. Wir dachten uns nichts dabei. Als nächstes passierte uns ein Ruderboot mit einem älteren Ehepaar als Besatzung und hielt auf „unseren“ Badestrand zu. Da wir unsere Sachen einfach auf einer der Naturbänke zurückgelassen hatten, beschlossen wir umzudrehen und nach dem Rechten zu sehen. Zu unserem Unglück hatten sich während unserer Abwesenheit mehrere alte fette und hässliche Menschen „unseres“ Kleinodes bemächtigt und verunreinigten es durch sich und ihre mitgebrachten Hunde. Das muss so gegen halb Zwei nachmittags gewesen sein. Die Tagestouristen erfreuten uns durch lustige Sketche wie, dass sich darüber freuen, durch Vorspielen eines Stockwurfes einen Hund hereinzulegen oder das lautstarke Austauschen von Grilltipps à la „Hast Du schon mal Hackfleisch gegrillt?“ „Nee, das fällt doch durch.“ Wir waren allerdings zum Warten verdammt, da wir unser Lager nicht preisgeben wollten. Somit saßen wir die, uns unglaublich lang erscheinende, Zeit auf bzw. im Boot und sonnten uns. Der Hunger und die Langeweile waren nahezu unerträglich. Gerade als wir dachten, dass sich zumindest drei der vier Pärchen verkrümeln würden, packten sie bereits geschmierte Brötchen aus, was uns natürlich sehr fröhlich stimmte. Letzten Endes sollten wir bis halb 6 Uhr abends warten müssen, bevor wir, ohne unser Versteck preis zu geben, etwas essen konnten. Insgesamt hatten wir so also 5,5 Stunden damit zugebracht ohne auch nur irgendetwas zu tun. Das Knurren in der Magengegend beendeten wir durch eine überaus großzügige Mahlzeit, deren Hauptbestandteil EPAs waren. Tja, Martin hatte beim „Stein, Schere, Papier“-Spiel auch noch das Glück gegen mich zu verlieren und durfte so bei seinem zweiten Gang Gemüsepfanne mit Tofu genießen. Andere Gerichte waren an diesem Abend das italienische Nudelgericht, Hamburger mit Tomatensoße oder auch Cevapcici mit Reis. Zum Abschluss versuchte ich noch, wie die anderen Gerichte im Wasserbad erwärmten, Grießbrei mit Früchten. Für 1998 gefertigten Grießbrei war er erstaunlich genießbar, obwohl die schwere Süße, die durch die Sultaninen eingebracht wurde, und die Konsistenz an bereits Verdautes erinnerten, war die süße Abwechslung eigentlich ganz angenehm. Nicht das wir keine Schokolade mehr gehabt hätten. Diese fast nicht schmelzende, braune Masse half uns viele Tage, das mitgebrachte Toilettenpapier zu verschonen, denn sie hatte in Verbindung mit dem chronischen Wassermangel eine stark stopfende Wirkung. Nach dem Essen schwangen wir die Axt und betätigten uns körperlich. Das Holz war nach dem Sonnenschein um einiges trockener und deshalb hatten wir es nach kurzer Zeit auch geschafft, ein munter züngelndes kleines Lagerfeuer in Gang zu bringen. Das Feuer brannte so gut, dass es sich auf dem See spiegelte und ihn rot-orange scheinen ließ. Beim Nachdenken am Feuer griffen wir ein bereits ins Leben gerufenes Projekt auf: Kodename Kickertisch. Ja, wir hatten beschlossen einen Kickertisch in die neue WG von Martin, Chris und Frank zu stellen. Gegen Mitternacht muss es gewesen sein, dass wir beschlossen, das Feuer zu löschen und uns schlafen zu legen. Am nächsten Morgen und nach dem allmorgendlichen Bad im See, aßen wir bereits das Dosenbrot, da das Mischbrot bereits aufgebraucht war. Zusätzlich gab es ein wenig Kaffee mit Kaffeeweißer, beides aus einem der EPAs. Nachdem wir uns des grauen Himmels versichert hatten, beschlossen wir nun einmal südwärts um den See zu wandern. Auf dem Wege begab es sich allerdings, dass wir einem Schild begegneten, einem Schild das unsere kommenden 2 Tage bestimmen sollte. FOTO!! Auf diesem Schild war eine sehr ungenaue Karte der Gegend abgebildet, aber dass bemerkten wir erst nachdem wir das Reizwort Sperrgebiet gelesen hatten. Laut Karte befand sich unweit von unserer Position ein ehemaliges Kasernengelände mit Nuklearbunker, Panzerbüchsenschießstand und allem drum und dran. Man muss kein Menschenkenner sein um zu ahnen, dass wir natürlich sofort beschlossen in Richtung des Stützpunktes zu gehen. Nachdem wir einige Zeit gewandert waren trafen wir auf einen ziemlich baufälligen Ausblickturm, der eher aussah wie ein Hochsitz und seine besten Jahre bereits hinter sich hatte. Dennoch befand sich direkt vor ihm eine typische Baumstammbank. Unweit dieser Stelle entdeckten wir einen noch in Gebrauch befindlichen Hochsitz vor dem so etwas wie eine Futtertonne lag. Prima um morgens ganz ohne Aufwand ein paar Wildtiere abzuknallen. Mit der Zeit wurden wir uns unseres Kurses immer unsicherer und traten nach einigem Hin und Her den Rückweg an. Unterwegs hatten wir zum ersten Mal eine Begegnung der dritten Art mit der Natur als ein Fuchs rasch unseren Weg kreuzte. Wir stellten fest, dass wir einen See südlich unseres Sees umrundet haben mussten. Der Plan für morgen stand somit auch fest. Um jeden Preis mussten wir uns in das Sperrgebiet begeben ;). Wieder beim Zelt angelangt machten wir uns daran, eine zünftige Mahlzeit zuzubereiten, denn wir wollten, mit Erinnerung an die Plackerei bei der Ankunft, so viele Konservendosen wie möglich leeren. Verdrückt wurden Dosen mit Königsberger Klopsen und Kohlrouladen, ausgesprochen schmackhaft. Da es zu regnen begann, blieben wir im Zelt und spielten Skat und Knack. Der Regen wurde immer intensiver und auch der Wind nahm zu. Durch eine Gewebeplane, die wir beim Aufbau unter das Zelt gelegt hatten fühlten wir uns eigentlich gut geschützt, allerdings hatten wir deren Enden unter dem Zelt hervorlugen lassen und so kam es zu kleineren Wassereinbrüchen. Nachdem der Regen und der kräftige Wind nachgelassen hatten, machte sich Chris daran einen Trinkwassersammler zu basteln, klingt lustig, ist aber so. Dieser bestand hauptsächlich aus einem Müllsack, der an 3 Bäumen befestigt wurde, sowie einem Stein und einem Topf in welchem das Wasser aufgefangen werden sollte. Nachdem wir uns irgendwann ins Bett gelegt hatten, begann für mich eine feuchte Nacht. Als ich mich in meinen Schlafsack legte und den Reißverschluss schloss um wohlverdiente Ruhe zu genießen, fühlte sich meine Kehrseite, die unten lag, irgendwie feucht an. Ich dachte mir nichts dabei, hatten wir die Schlafsäcke ja nicht lüften können. „Es wird wohl Kondenswasser sein, was dieses klamme Gefühl verursacht.“ dachte ich bei mir. Die Kuhle, in der ich zwischen Martin und Chris lag, hatte sich wohl mit Wasser gefüllt, denn als ich aufstand um zu fühlen, was sich unter dem Schlafsack befand, spürte ich Nässe. Mittlerweile war auch meine Unterwäsche feucht geworden. Ich beschloss unter meinen Schlafsack einen großen Müllsack zu legen, um so dem Wasser zu entgehen. Das klappte hervorragend und mir wurde schnell wieder warm, was aber nicht hieß, dass ich einschlafen konnte. Zuerst fragte uns Martin, ob wir auch das grabende, kratzende Geräusch hören würden. Wir verneinten und ich legte mein Ohr auf Martins Isomatte. Tatsächlich hörte ich das Graben einer Maus oder eines Maulwurfs, woraufhin ich mit der Faust kräftig auf den Boden schlug. Danach war das Geräusch verschwunden. Die anderen beiden schliefen schnell ein, ich jedoch hörte ständig unseren Regenfänger hin und her wehen, da der Wind noch ziemlich kräftig blies. Ich glaubte auch das Quieken einer Maus wahrnehmen zu können. Naja, alles in allem lag ich ziemlich lange wach. Gegen 10 Uhr am nächsten morgen hatten es auch die beiden Katja Ebsteins neben mir geschafft die Augen zu öffnen. Wir aßen gutes Roggenschrotbrot aus der Dose und packten einen Rucksack mit Keksen und Wasser, sowie einem Kompass. So ausgerüstet waren wir uns sicher nicht am Ziel vorbeilaufen zu können und machten uns auf den Weg. Zuerst beschritten wir den bereits bekannten Weg über eine abenteuerliche Brücke aus Panzerplatten und Beton und hielten uns diesmal aber weiter östlich. Nach einer guten Stunde beschlossen wir von nun an querfeldein zu gehen um Weg zu sparen. Als wir jedoch nach einer weiteren halben Stunden nicht mehr recht wussten wie weit wir nun gegangen waren bzw. wo auf der Karte unsere Position gewesen wäre, glaubten wir schon nicht mehr daran das Sperrgebiet jemals zu finden. Doch plötzlich hinter einer Linkskurve des Forstweges lichtete sich der Wald. Es begegnete uns das altbekannte Schild und diesmal jedoch mit roter Umrandung was für „Absolutes Sperrgebiet“ stand. Wir waren da. Das gelobte Land.[ 53°12'19.74"N 13°12'36.39"E] Vor uns lag eine Mischung aus Heide und verwittertem Beton. Alte eingefallene Gebäude und Stille. Wir fanden einen alten Fußballplatz und zwei merkwürdige Gebäude, die innen wie KZs anmuteten, aber wohl als Lagerräume genutzt worden waren. [ 53°12'28.00"N 13°12'21.14"E] Ebenso existierte der Schrottplatz, der aber eher einem Schrotthaufen glich und in dem es sich Wespen gemütlich gemacht hatten. Wir pirschten uns durchs offene Feld, da wir nicht die einzigen zu sein schienen, die auf dem ehemaligen Geländer der Roten Armee herum stöberten, aber trotzdem unerkannt bleiben wollten. Als nächstes betraten wir ein flaches Haus, welches holzgetäfelt und somit wohl eine Offiziersdienststelle gewesen sein musste. Mein Darmdruck stieg ständig und ich hätte mich vor Verzweiflung beinahe mitten im Gebäude erleichtert, aber alles fügte sich wieder. Vor dem Haus war alles überwuchert, aber es war offensichtlich, dass hier [53°12'27.67"N 13°12'14.86"E] einmal Hunde trainiert worden waren. Es folgte eine Garage auf unserer Besichtigungstour, die wir durch deren aufgerissene Rückwand betraten. Danach das davor liegende Freifeld und dann ein Richtung Norden unter Erdniveau liegender Munitionsbunker, den wir natürlich leer geräumt vor fanden. Weiter Richtung Westen ziehend, fand ich einen Bunkereingang, der jedoch mit Steinen und Sand vollkommen verschüttet worden war. Meine Hoffnung den Nuklearbunker, den wir suchten, jetzt noch betreten zu können schwand auf der Stelle. Nichts desto trotz zogen wir weiter und sahen zahlreiche Gebäude die merkwürdigerweise unfertig wirkten oder bei anderen bereits verbaute Fenster einfach wieder zugemauert worden waren. Schon fast auf dem Heimweg, bogen wir noch einmal nach Norden ab und marschierten in Richtung eines Platzes. Plötzlich wurde uns bewusst, dass wir ihn gefunden hatten, ihn, den Bunker. Unscheinbar von außen bot sich uns nach Öffnen der beiden Vortüren ein Blick auf zwei riesige und massive Stahltüren. Was tun? Na klar: Öffnen. Wir machten uns daran diese riesigen Gebilde zu bewegen und ich zerrte wie ein wilder, doch allem Anschein nach, wollte uns ein kleines Vorhängeschloss den Weg versperren. In einem letzten Kraftakt zog ich erneut ruckartig an der linken der beiden Türen und auf magische Weise war das Schloss offen. Im Nachhinein gehe ich davon aus, dass das Schloss nicht geschlossen sein kann. Seltsamerweise glitten die riesigen Kolosse aus Stahl nach den fast 50 Jahren der Erbauung leichtgängig auf und gewährten uns Eintritt in die Dunkelheit. Wir fanden mit zwei winzigen Lichtern alles vor, was man sich in so einem leeren Bunker vorstellt. Es gab die Belüftung, die die zwei großen Hallen mit sauberer Luft versorgen sollte, dann Räume mit Doppelstockbetten und große Oberlichter. Im Bunker war es so kühl und ruhig, wie man es sich wohl nur in bzw. unter einem großen Berg vorstellen kann. Wir verließen den Bunker und begaben uns zurück in Richtung Ausgang. Auf dem Weg dorthin passierten wir die Wache. Ein wahrscheinlich selbst geschweißter Fahnenmast erregte unsere Aufmerksamkeit. Auf ihm befand sich ein Zeitzeuge der besonderen Art, ein handgroßer Stern. Martin und ich begannen damit den Mast zum Schwanken zu bringen und es dauerte gar nicht lang, dass sich der oberste Teil zu neigen begann. Wenig später brach er ab und der Stern stürzte mit ihm zu Boden. Wir demontierten den Stern und es war unser Souvenir, dass uns wirklich gut an diesen Urlaub und insbesondere an diesen Tag würde erinnern können. Einige Schritte später betraten wir eine Maschinenhalle und den Objektsupermarkt. Auffällig waren die vielen Wohnheime für Offiziere, sowie dass man offensichtlich noch lange neue gebaut hatte, denn eine Reihe von dreistöckigen Gebäuden war noch nicht fertig gestellt worden. In vielen der Gebäude waren Spuren von Nutzung nach Abzug der Roten Armee zu erkennen. Wir fanden Ausschnitte aus Tageszeitungen, Kalender von 1991 und zahlreiche Ausgaben der Praline, die wohl jemand benutzt hat, um sich die einsamen Stunden zu vertreiben. Als wir die Gebäude verließen um Richtung Straße zu gehen, fanden wir noch 3 Gasmasken die sich in illustrer Runde mit einem alten Lederfußball befanden. Auf dem Plattenweg Richtung Straße fuhr neben uns auf einmal ein kleiner Ford Fiesta in Transporterversion vor, wie ihn auch die Post benutzt. Ich dachte, dass es jetzt Ärger gäbe, aber nein. Drinnen saß ein dicker Mann mit Glatze, der etwas vor sich hin murmelte. Irgendwann tauchte aus dem dahin fließenden Brei von Gemurmel das Wort „Sperrgebiet“ auf und „verboten“ woraufhin ich ihm entgegnete, dass wir hier „reingestolpert“ seien und uns auf dem Weg zur Straße befänden. Er zog dann ab und wir taten es ihm gleich. An der Bundesstraße Richtung Lychen angekommen gönnten wir uns erstmal eine Pause und begutachteten unser 'Diebesgut'. Da waren der Stern und ein Zeigerinstrument aus dem zuletzt gebauten Kesselhaus. Martin hatte Corny© Riegel eingepackt und wir nahmen fleißig Ballaststoffe auf, wobei wir darüber sinnierten, wie sich das auf unsere Verdauung und den Drang sich zu erleichtern auswirken würde. Es begann der Fußmarsch Richtung Zeltlager. Bereits nach einer dreiviertel Stunde schwand bei uns allen die Lust noch zu laufen, aber bald stießen wir auf den Weg, den wir bereits am Tag zuvor beschritten hatten. Da wir wussten, dass die Entfernung nur noch gering war, hielten wir auch die letzten Kilometer durch und kamen ziemlich ermattet beim Zelt an. Martin badete um sich abzukühlen, während ich weiter am Reisebericht schrieb und der Chris den Topf mit sage und schreibe drei, in Zahlen 3, Dosen Hühnernudeltopf erwärmte. Wir wollten eben nicht soviel zurücktragen müssen. Nach der Mahlzeit spielten wir noch Karten und abends brachten wir ein weiteres Lagerfeuer in Gang. Am darauf folgenden Morgen hatte keiner mehr eine Idee, was man an diesem meteorologisch schönen Tag noch machen konnte. Wir aßen Frühstück und stillschweigend waren wir uns alle einig, dass es das beste sei jetzt einfach abzureisen, da den Besuch im Sperrgebiet nichts übertreffen könnte und wir auch keine Lust hatten den ganzen Tag mit dem Boot auf dem See zu verbringen. Gesagt getan. Wir bauten alles ab und verstauten es fachgerecht in den 3 Rucksäcken sowie in der Zelttasche. Nachdem wir alles gepackt hatten, sah es auf dem Waldboden aus wie vorher. Wir hatten also nichts beschädigt und der Natur nichts zuleide getan, was eine unserer Maximen für den Natururlaub gewesen war. Nach einem letzten, stark wegoptimierten, Marsch durch den Wald erreichten wir das Dreihäuserdorf Sähle mit seinen HillBilly-Einwohnern. Zu meiner Überraschung war das Auto sogar noch da ;) Alles eingepackt fuhren wir los um noch einmal den Fürstenseer See zu besuchen, den wir uns ja ursprünglich ausgesucht hatten. Etliche Kilometer über Stock und Stein, sowie zahlreiche Umleitungen später rollten wir auf dem Parkplatz am Südufer des Sees vor. Schnell wurde einem bewusst, dass der Nationalpark Müritz über ausreichende finanzielle Mittel verfügen mussten, denn der Parkplatz war zur Gänze mit einem flachen Holzzaun aus Stämmen umrandet und man hatte große, fein lasierte, Holztafeln aufgestellt, um den Besucher darüber aufzuklären, was er durfte und was nicht und das mehrmals. Bewaffnet mit Handtuch und guter Laune zogen wir los und erreichten alsbald das gesuchte Ufer. Hier erschreckten uns zunächst zwei wahrhaft dicke junge Frauen, die „oben und unten ohne“ am Strand saßen und mit ihren Hunden spielten. Martin vertrat die Theorie, dass beide Kampflesben seien, weil sie in der Männerwelt keinen Anklang fanden. Ich teilte diese Auffassung nicht ;) Zu unserem Erstaunen befand sich unweit des Ufers eine vorbildlich gereinigte und wohl auch wenig frequentierte Toilettenkabine, aka Dixi, die wir alle nacheinander aufsuchten. So befreit zog es uns in den See, der wie sich später herausstellte, nach ein paar Metern, den typischen matschigen Untergrund bot, wie wir ihn von unserem See allerdings nicht kannten. Deswegen waren wir froh so eine schöne Alternative gefunden zu haben. Auf der Rückfahrt nervte uns das Radio, Chris fuhr und ich blätterte vergnügt im Globetrotterkatalog. Der Weg zog sich ewig hin obgleich wir nicht so weit von zuhause entfernt waren und wir waren alle froh, abends gesund und munter zu hause angekommen zu sein. Text von Daniel, Martin und Chris (ich) |
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Ich hoffe das Lesen des Textes stellt kein alzu grosses Problem dar. Ich weiss das der Hintergrund und die Schriftfarbe nicht ganz optimal sind. |