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Alter II Eigenwerk
von Vielfalt aus der Kategorie Freier Text - Menschen, Gesellschaft

Geschichten
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Erstellt:    15.06.2007 19:21
Geändert: 15.06.2007 19:50
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Frau Peters hatte sich zwei Woche später nicht an mich erinnern können. Sie entschuldigte sich diesmal mehrfach, weil sie das Ende ihrer Geschichte nicht finden konnte. Sie hatte Schwierigkeiten Wörter zu finden, die dann kurzerhand als Dingsda bezeichnet wurden.

Zunächst war sie vertieft in dem Problem, wann denn endlich ihr Fußpfleger wieder zu ihr käme. Nachdem ich mehrfach die verbleibenden 5 Tage bis zu diesem Termin abgezählt hatte, behauptete sie, sie sei verrückt, was ich pflichtschuldig als abwegig erklärte.

Eine Änderung hatte ich bei ihrem Monolog feststellen können, sie verblieb bei diesem Besuch nicht in der Gegenwart, sie holte Fragmente ihres Vorlebens hervor. Ihre Worte beschrieben kleine Puzzlestücke eines langen Lebens.

Sie sei 10 Jahre lang Witwe gewesen, damals nach dem Krieg, dann sei er aus Russland heimgekommen um kurz darauf zu sterben. Mann hätte die Männer sortiert, die einen gingen nach Russland, die anderen… Sie erinnert sich an eine Tochter und einen Schwiegersohn. Sie nannte mir den Ort ihrer Geburt und den Ort ihrer Kindertage. Ein reiches Mädchen sei sie gewesen.

Dann riss die Verbindung in die Vergangenheit und das gestrige Problem mit dem Fernseher rückte nochmals in den Vordergrund. Als ich mich von ihr verabschiedete, verblieb sie in ihrem Monolog und ihr freundliches Lächeln und Kopfnicken begleiteten mich hinaus.

Was blieb von einem Menschen, wenn die Erinnerung ihn verlassen hatte? Nur bruchstückweise Einsicht gab in das Geschehene? Von Frau Peters blieb die gewählte Redeweise, die Zugewandtheit zu Menschen, so sie diese mochte. Das Lächeln, ihr Ordnungssinn und der große Wunsch, sich mitteilen zu wollen. Sie hatte ihren Dickkopf behalten und ließ sich nicht beirren, wenn sie etwas begehrte. Was in der Pflege sicherlich nicht immer einfach war, wenn sie sich verweigerte.

Meine Hospitation in diesem Altersheim war abgeschlossen, ich hatte andere Bewohner des Hauses kennen gelernt, deren Grad der Bedürftigkeit sich erheblich voneinander unterschied. Manche hatten noch mehr vergessen als Frau Peters, manche waren wachen Geistes in einem gebrechlichen Körper. Allen gemeinsam war, dass dies ihre letzte Heimat vor dem Tod war.

Ich habe mir vorgenommen, Frau Peters weiterhin zu besuchen.

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