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Juliane: Die Offenbarung der Stille Eigenwerk
von Ahnengalerie aus der Kategorie Geschichte - Nachdenkliches, Ernstes

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Texte -> Geschichten
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Erstellt:    18.10.2006 10:11
Geändert: 28.01.2009 09:15
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Die Offenbarung der Stille


Ich sitze auf einer satten grünen Wiese, ringsherum stehen hohe Bäume. Es ist eine fremde Umgebung, ein Urwald. Die Regenzeit ist gerade vorbei und alles ist grün und prallvoll mit Leben. Den Tieren in diesem Wald geht es sehr gut und die Natur ist in bestem Gleichgewicht. Ich spüre die wohltuende Kraft des Bodens, der Pflanzen und der kühlen, feuchten Luft. Die Sonne ist noch nicht lange aufgegangen und trotzdem kein Mensch in der Nähe ist, bin ich von Leben umgeben. Ich genieße diese Athmosphäre der Lebendigkeit, die mir Frieden spendet und meinem Herzen eine ruhige, tiefe Freude schenkt. All meine Sinne sind hellwach, als ich auf einmal spüre, daß ein Mensch in der Nähe ist. Als das Gefühl gerade in mein Bewußtsein vordringt, taucht er aus dem Gebüsch zu meiner rechten Seite, etwas hinter mir auf. Es ist ein Indianer mit sonnengegerbter Haut. Er trägt einen Lendenschurz und hat einen zähen, durchtrainierten Körper. Als er auf mich zukommt, erinnert er mich eher an eine Raubkatze, so graziös und kraftvoll sind seine Bewegungen.
In ca. drei Meter Entfernung bleibt er kurz stehen. Ich sitze nur da und beobachte ihn, sehe strahlende, lebendige, fast schwarze Augen, die mich kurz tief ansehen, dann, nach diesem ganz kurzen Innehalten, geht er weiter.
Ich verspüre den Wunsch, ihm zu folgen, stehe auf und gehe schnell hinterher. Er Geht durch hohe Büsche; ein kleiner Pfad windet sich durch das Grün hindurch und geht über in einen kurzen, steilen Abhang, der plötzlich den Ausblick auf einen wunderschönen Fluß eröffnet. Mit einer dicken Kordel um einen Felsblock befestigt, liegt ein Kanu im Wasser. Der Indianer ist vor mir da, denn der steinige Weg macht mir etwas zu schaffen. Als ich am Ufer angelangt bin, wird mir bewußt, daß ich einfach, wie selbstverständlich hinter diesem fremden Menschen hergelaufen bin. Es ist mir peinlich und ich fühle mich auf einmal sehr verunsichert. Ich sehe zu ihm hin, da nickt er mir freundlich zu und weist mit einer einladenden Geste auf den Sitzplatz ihm gegenüber. Seine Augen sind klar und tief wie ein Bergsee. Ich spüre, daß es gut ist, zu ihm in das Boot zu steigen. Ich klettere ungeschickt hinein, meine Schuhe sind naß und auch meine Jeans- dann möchte ich etwas sagen, erklären, fragen- aber seine Augen blicken in die Ferne, er ist ganz bei sich. Ich spüre, daß ich ihn jetzt nicht stören darf.
Er rudert zuerst rückwärts, dann dreht er sich um, kniet nun im Kanu und bewegt es mit einem Ruder weiter fort.
An der Biegung des Flusses eröffnet sich mir ein traumhaft schöner Anblick; Vor uns schlängelt sich der klare, ruhige Fluß, der zwischen vier und sieben Meter breit ist zwischen hohen Felswänden hindurch. An der linken Seite sehe ich nacktes, graues Gestein, rechts ist der Stein moosbewachsen, teilweise mit kleinen, fremdartigen Blumen besiedelt. Die Sonne steht am Himmel etwas rechts vorne, die Luft ist leicht diesig und außer dem Glucksen des eintauchenden Paddels und dem Plätschern des leicht fließenden Wassers höre ich nichts...Ich sitze da, schaue und lausche und spüre, wie mit jedem Eintauchen des Paddels ich ein wenig mehr ein Teil dieser Umgebung werde. Sanft und schnell zieht das Kanu seinen Weg und ich atme die Stille. Ich schaue auf den muskulösen Rücken des vor mir knienden Indianers, genieße das Spiel der Muskeln unter der straffen, rotbraunen Haut, sehe zu, wie er im harmonischen Rhythmus das Paddel eintaucht und mit langen, kräftigen, geübten Zügen das Boot vorantreibt. In mir wächst ein Gefühl des Vertrauens und der Dankbarkeit zu diesem Menschen.
Der Indianer fährt mit mir zu einem Ort, an dem die Göttin der Stille verehrt wird. Dort ist es wunderschön, es ist ein heiliger Ort. Er verneigt sich Richtung Südwesten und singt ein indianisches Lied; ein Lied des Herzens. Ich verstehe kein Wort, aber ich weine bei seinem Gesang, weil er aus tiefstem Herzen hervordringt und dieser Klang der Stimme und Töne mich ganz tief anrührt.

"Lächelndes Herz" ist der Name des Indianers. Sein Herz ist weise und er kennt das Geheimnis der Stille. In der Stille und im Schweigen offenbaren sich unserem Herzen die Geheimnisse des Lebens. Wenn wir im Schweigen das Geheimnis der Stille in uns aufnehmen, es mit unserer Seele erfassen, was man sowiso niemals ganz in Worte fassen kann, dann beginnt unser Herz zu lächeln und die Weisheit hat in uns ein Zuhause gefunden.

Ich sitze oft im Kanu mit "Lächelndes Herz" und übe das Schweigen und lausche der Stille.
Ich bin froh, diesen Lehrer gefunden zu haben.
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